Zusammenfassung
Inzwischen ist ein Viertel des Zeitkorridors bis zur Abschaltung des letzten Kernkraftwerks verstrichen.
Der Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Kernkraft war aus technischer Sicht, auch nach den Vorfällen in Fukushima, nicht zwingend. Das Motiv war ausschließlich politischer Natur, um die Meinungsführerschaft in der Atomdebatte wieder zu gewinnen.
Die von der Bundesregierung aktivierte Ethikkommission „Sichere Energieerzeugung“ stimmte erwartungsgemäß dem Unterfangen zu. Sie äußerte jedoch Zweifel dahingehend, ob die Politik dieses Projekt ausreichend managen würde und ob es überhaupt gelingen würde. Schwerwiegender jedoch sind ihre verklausulierten Zweifel, ob die Energiewende überhaupt gerechtfertigt ist („Man hätte auch anders entscheiden können“).
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches auch schon vor der Energiewende bestand, jedoch danach extrem zum Vorteil der Erneuerbaren Energien verändert wurde, stellt eine gewaltige Maschine zur Vermögensumverteilung dar, mit dramatischen Folgen für die Endverbraucher und für Teile der Industrie. Trotz aller jüngsten Beteuerungen der Politik werden die jährlichen Kosten weiter steigen.
Windkraft und Photovoltaik, die beiden Hauptvertreter der Erneuerbaren, weisen niedrige Wirkungsgrade auf und sind zudem extrem abhängig von den aktuellen meteorologischen Bedingungen. Sie sind nicht in der Lage und werden es auch niemals sein, die von einer hochentwickelten Volkswirtschaft geforderte zuverlässige Energieversorgung zu garantieren. Je höher der Anteil dieser Sparten, umso größer die Unsicherheit!
In den ersten drei Jahren nach der Entscheidung zum Atomausstieg sind mehrmals gravierende Ereignisse eingetreten, die nur durch zufällig günstige Begleitumstände nicht zu einem „Blackout“ geführt haben.
Pumpspeicherkraftwerke, die von ihrer ausgereiften Technik her prinzipiell in der Lage wären, die Unzuverlässigkeit von Windkraft und Photovoltaik auszugleichen, sind nicht in ausreichender Zahl bzw. Leistung verfügbar. Sie können diese Aufgabe wohl bei kurzem Ausfall der Erneuerbaren übernehmen. Für langzeitliche extreme Ausfälle ist ihre Kapazität weitaus zu klein. Weder kann dies durch Zubau behoben werden, noch könnten ausländische Pumpspeicherkraftwerke einspringen, da – abgesehen von anderen Problemen – auch deren Kapazität nicht ausreichen würde.
Schnell startbare Kraftwerke (gemeinhin auf Erdgasbasis) sind zwar verfügbar, jedoch lange nicht mit ausreichender Kapazität. Es ist zu bezweifeln, ob das erforderliche Volumen bis 2022 zugebaut werden könnte. Außerdem ist Erdgas – wie die derzeitige Ukrainekrise erkennen lässt – ein Energieträger, der im politischen Spannungsfeld steht. Daher ist zu fragen, ob Erdgas für eine langfristige Stabilisierung der Stromversorgung taugt.
Die Onshore Windkraftanlagen sind in den letzten Jahren zwar mehr geworden, jedoch nicht in einem solchen Maß, wie es unter den privilegierenden Bedingungen des EEG zu erwarten gewesen wäre. Die Entwicklung hat sich gegenüber früheren Jahren in etwa linear fortgesetzt.
Bezogen auf das Regierungsziel zum Ausbau der Offshore Windkraft (für 2022: 10.000 MW, inzwischen abgemindert auf 6.500 MW) ist die Entwicklung weit zurück. 2011 waren 108 MW am Netz, nun sind es 616 MW. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur (Unsicherheit über zukünftige Rahmenbedingungen, vielfach unerprobte Techniken, Widrigkeiten mit Wind und Wetter, fehlende Stromleitungen, technische Störungen u.a.m.). Es ist zu bezweifeln, ob die Vorgaben der Bundesregierung erreicht werden können. Dies hätte jedoch Folgen für die Stromproduktion in 2022. Denn im Vergleich mit der Windkraft Onshore besitzen Offshore Kraftwerke einen doppelt so hohen Wirkungsgrad.
Die Photovoltaik leidet unter dem systemimmanenten Fehler, dass sie dann, wenn ihr Output am dringendsten benötigt wird, oftmals nicht liefert. Das Extremszenario ist eine stabile ausgedehnte Tiefdrucklage im Winter mit heftigem Schneefall. Ihr Wirkungsgrad liegt, übers Ganze gesehen, unter 10 %, in Schlechtwettersituationen jedoch noch weit darunter.
In den letzten Jahren ist die Photovoltaik zugebaut worden, 2011 und 2012 etwa im selben Maße wie 2010. Dagegen ist der Trend in 2013 gekippt. 2013 wurde weniger neu gebaut, nur 43 % des Volumens in 2012.
Nachdem sich die Politik 2011 darauf verständigt hatte, nach welchem Fahrplan die Kernkraftwerke abgeschaltet werden sollen, hätte damals eigentlich erwartet werden müssen, dass zeitgleich auch die Ausbauziele für den Energiemix in 2022 definiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Leider sind dazu auch derzeit aus dem politischen Raum keinerlei präzise Angaben zu erhalten. Erfreulich ist jedoch, dass die Bundesnetzagentur zeitnah zuverlässige Informationen ins Netz stellt, so auch über Szenarien für 2022 als Grundlage für Planungen zum Netzausbau. Diese werden zwar von Jahr für Jahr fortgeschrieben, vermitteln jedoch ein Bild darüber, was behördlicherseits, mit Zustimmung der Bundesregierung, Grundlage der Planung ist. Danach sollen natürlich die Erneuerbaren wachsen und die thermischen Erzeugungen zurückgefahren werden. Überraschend ist jedoch, dass diese Zahlen, ausgewertet unter Einbeziehung der unterschiedlichen Wirkungsgrade der einzelnen Sparten, ausweisen, dass die wirksamen Leistungen bei allen Szenarien um 10 bis 12 % kleiner sein werden als 2013.
Die Bundesnetzagentur veröffentlicht auch Zahlen über die regionale Verteilung der Stromerzeugungsanlagen. Daraus ist zu entnehmen, in welchen Bundesländern durch welche Sparten viel oder wenig Strom produziert wird. Werden hier noch die Wirkungsgrade und die Einwohnerzahlen berücksichtigt, so lassen sich die Energiedichten aus eigener Erzeugung ablesen, auch die vor und nach Stilllegung der Kernkraftwerke. Daraus wird deutlich, dass die Versorgung aus eigenen Quellen nach der Abschaltung insbesondere in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und in Schleswig-Holstein dramatisch einbrechen wird.
Die Bundesnetzagentur veröffentlicht im Jahresrhythmus den Netzentwicklungsplan Strom (derzeit NEP2013), welcher Grundlage für die gesetzliche Festlegung des Bundesbedarfsplans ist. Obwohl im vorauslaufenden Verfahren die Träger öffentlicher Belange eingebunden waren, versuchen interessierte Kreise (auch aus der Politik) auch nachher noch oftmals, die Entscheidungen zu torpedieren.
Insgesamt müssen infolge der Energiewende bis 2022 5.450 km neue Leitungen gebaut, umgebaut oder verstärkt werden. Diese Projekte befinden sich derzeit nahezu ausschließlich in der Abstimmung mit Behörden und Betroffenen. Von dem bereits davor, in 2009, als dringend bezeichneten Bedarf von 1.855 km waren im Dezember 2013 erst 268 km fertig.
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